Das Attentat auf Rudi Dutschke 1968 löst zum Teil blutige Studentenunruhen aus.

1972 wurde der Vertrag über die Grundlagen der Beziehung zwischen der BRD und der DDR geschlossen. Die DDR wird als selbständiger Staat anerkannt.

Die Anschläge deutscher Terroristen erreichen 1977 ihren Höhepunkt.
Bread and Puppet Theatre
Johann Kresnik: "Macbeth"
Peter Stein, Mitbegründer der
Berliner Schaubühne
Ende der sechziger Jahre kam es zu einem gewaltigen Aufbruch in der westdeutschen Gesellschaft. Die Folgen dieser "Studentenbewegung" sind in vielen Lebensbereichen bis heute wirksam, wenn auch eher beschränkt auf die bürgerlich-liberale Intelligenz. Viele meinungsbildende Institutionen, im Besonderen auch die Theater, werden bis heute bestimmt von den "Achtundsechzigern", die dort Führungspositionen innehaben.

Die Studentenbewegung unterzog auch die Kunst einer fundamentalen Kritik. Ihre bürgerlichen Erscheinungsformen wurden wegen ihrer angepassten Haltung gegenüber der herrschenden politischen Ordnung radikal abgelehnt. Am Theater kritisierten sie die Ausrichtung an den Bedürfnissen des Bildungsbürgertums, die passive Rolle der Zuschauer und die autoritäre Betriebsstruktur. Auf dem Höhepunkt der Studentenrevolte vermischten sich Theater und Aktion.

Weil die bestehenden Bühnen für nicht reformierbar gehalten wurden, entwickelten sich außerhalb der Institutionen neue Einrichtungen. Das oft von Halbprofis getragene, bewusst kunstlose Straßentheater, das sich am Modell des Agitprop-Theaters in der Weimarer Republik orientierte, setzte sich kein geringeres Ziel, sein Publikum in die "revolutionäre Praxis einzuüben". Auch das Zielgruppentheater, das auf die konkreten Bedürfnisse unterprivilegierter Gruppen einzugehen, blieb eine vorübergehende Erscheinung. Seine Absichten und Gestaltungsmittel sind dann von der Theaterpädagogik aufgenommen und weitergeführt worden.

Die Ablehnung des Theaters, das durch strenge Hierarchien, autoritäre Entscheidungsstrukturen, extreme Arbeitsteilung und kunstferne Produktionszwänge gekennzeichnet war, führte Anfang der siebziger Jahre zur Entstehung von "Freien Gruppen". Vor allem in den größeren Städten erblühte eine Theaterszene, die sich als Alternative zu den Stadt- und Staatstheatern verstand und das nicht nur in Bezug auf die Produktionsweise, sondern auch in ideologischer und ästhetischer Hinsicht. Frustrierte Theatermacher verließen die Institutionen und schlössen sich zu Arbeitsgruppen zusammen, die oft zugleich auch Lebensgemeinschaften waren.

Entsprechend der allgemeinen Tendenz zur Demokratisierung von Entscheidungsprozessen wurde auch an den Theatern der Ruf nach Mitbestimmung laut. Obwohl von den Intendanten ebenso wie von der eher konservativ ausgerichteten Bühnengewerkschaft skeptisch bis ablehnend betrachtet, unternahmen einige couragierte Theaterleute Versuche in dieser Richtung.

Wenn auch die Demokratisierung als formales Prinzip überall gescheitert ist, hat sie sich doch in der künstlerischen Arbeit dauerhaft niedergeschlagen. Vor allem änderte sich der autoritäre Umgang der Regisseure mit den Schauspielern und den übrigen Mitarbeitern. Anstelle der strengen hierarchisierten Produktionsweise trat die Bereitschaft zur Teamarbeit. Vielerorts wurden die allein regierenden Intendanten abgelöst durch Leitungsgremien.
Inhaltsverzeichnis
vorige Seite nächste Seite